Zum Inhalt springen

Echt Sein

Wenn du und ich zusammenkommen,
so geschieht etwas mit uns –
jeder von uns ist sofort anders, als er üblicherweise ist …
Wie du bist, wenn du mich beeinflusst,
ist schon durch mich beeinflusst, in der Weise,
wie ich mich mit dir ereigne …
Was jeder in einer Interaktion mit dem anderen ist,
das ist schon durch den anderen beeinflusst.

Gene Gendlin

Welches Ich begegnet welchem Du? Es gibt viele komplizierte Theorien der Identität, der Ich-Zustände, Ich-Anteile und Teilpersonen. Die sind alle nützlich, wie Gendlin immer sagt. Die Gefahr bei der Trennung in die Teile ist, dass das Ich dabei verloren geht. Ich frage mich, wer ich eigentlich bin. Ich verliere das Gefühl für mich selbst, weil ich doch mal die und mal die bin. Mal spricht die eine aus mir und mal die andere.

Gendlin sagt: Das Ich ist nichts anderes als das Ich. Es ist immer jemand drinnen und der oder die schaut mich aus ihren Augen an. Und ich schaue zurück. Das ist nicht immer so offensichtlich. Ich spüre, wenn ich keinen Kontakt habe. Und zuallererst habe ich dann keinen Kontakt zu mir. Ich spüre, dass viel dazwischen liegt, was den Weg versperrt. Oder ich war lange nicht da, bei der da unten, wie Gendlin es ausdrückt, und es dauert lange, bis ich mich da unten auch wieder spüre. Manchmal gehe ich in den Teil ganz tief unten in mir und leiste ihm Gesellschaft. Dann kommt etwas zur Ruhe. Ich bin wieder ganz da. „Obwohl es verschiedene Teile gibt, das Ich und das Selbst und die Inhalte und alles mögliche andere, ist das alles doch immer nur ein Organismus.“ (Gendlin 2008, 139).

Es gibt Begegnungen, da schaue ich sofort zu dem anderen Ich „da ganz unten“. Es geschieht etwas mit uns,

Und manchmal ist die Begegnung versperrt durch alles, was nicht zu mir gehört, was an mir klebt, Erwartungen, Inhalte, Vorstellungen. Ich kann es ablegen und Freiraum gewinnen („Wer sein Leben verliert um meinetwillen…“). Und wenn ich dann bei dem bleibe, was da ganz tief in mir ist – auch mit allem Schmerz, Trauer, Verletzung – und verweile („der wird’s finden“), dann ist echte Begegnung möglich.

So begegnet Jesus den Menschen: Und er sieht dich an und gewinnt dich lieb. Ich und Du. Unmittelbar.

 

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert