Zum Inhalt springen

Focusing zu Himmelfahrt

Der schöne Monat Mai mit seinem Himmelfahrtsfest, letztes Jahr fand an diesem Tag ein Tanzgottessdienst in unserer Kirche statt. Das Ensemble des städtischen Balletts übersetzte geistliche Inhalte in getanzte Bewegung im Kirchraum – eine Sequenz ist mir in lebhafter Erinnerung: Wir wurden in den Raum des Themas ‚Gottverlassenheit‘ geführt. Wie ist das, wenn Gott ‚weg‘ ist, wir uns von ihm verlassen fühlen, z.B. in schweren Lebenssituationen? Muss es immer seine Entfernung von uns sein, die wir da spüren, wie oft interpretiert, oder kann es auch gerade unsere Entfernung von ihm sein? Das sprach mich an, fühlte ich mich doch seit einiger Zeit niedergedrückt und in einer eigentümlichen Gottesferne, ausgelöst durch schmerzliche Lebensereignisse.

Die beiden Tänzer zogen mich in ihren Bann mit ihrer experimentellen Umsetzung: Der Mensch-Tänzer stieß in seinem großen Schmerz den mitfühlenden, eng an seiner Seite gehenden Gott-Tänzer weg. Dieser ließ sich wegstoßen, beließ es aber nicht dabei, sondern ging vollständig in die davon ausgelöste Bewegung seines eigenen Körpers hinein, spürte, lauschte ihr mit dem Ganzen seines eigenen Wesens nach – das erschütterte mich als Zuschauerin, ich spürte einen Felt Sense dazu in mir, dem ich nachging. Wie wäre es, wenn Gott es ähnlich macht, sich durch mein Wegstoßen nicht vergraulen lässt, sondern im Gegenteil sich diesem Weggestoßenwerden aussetzt und dadurch meinem Schmerz in seiner Bedeutungstiefe nachspürt, ihn so also quasi von innen heraus kennenlernt? Diese Vorstellung trifft mich mit Wucht und ich lausche weiter in mein Inneres, wo sich der Suchprozess noch weiter fortsetzt: von diesem individuellen Schmerzverständnis aus formt Gott eine individuelle ‚Antwort‘, Zuwendung für mich, so punktgenau, wie ich es schon oft staunend erlebt habe und die mich spüren lässt: Ich bin gesehen, bin von seinem liebevollen Blick erkannt.

Focusing ist für mich ein kreatives Umgehen mit Situationen, denen ich mich auf irgendeine Weise nicht gewachsen fühle und mit denen ich symbolisch-experimentell in meinem Innern nach Verstehen suche. Indem ich Gott da hineinbitte, wird das Geschehen in mir zu einem Ort, wo die Situation, mein Sein und Gottespräsenz zusammenkommen können, wenn die Gnade es so will.

Cordula Ruwe

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert