Schon im Griechisch-Unterricht in der Schule fand ich es interessant (ohne die tiefere Bedeutung des Phänomens zu begreifen) dass es im Altgriechischen und – wie ich später erfuhr – auch in anderen älteren indogermanischen Sprachen neben dem „Aktiv“ und „Passiv“ noch die grammatische Form des „Medium“ oder „Mediopassiv“ gibt.
Erst in der Beschäftigung mit dem Thema Spiritualität, spätestens als ich Focusing kennenlernte, wurde mir deutlich, dass es sich hier um mehr handelt als um eine höchstens für Altphilologen interessante grammatikalische Erscheinung.
„Medium“, wie der Name andeutet, in der Mitte zwischen „Aktiv“ und „Passiv“ beschreibt dass sich etwas ereignet. Sprachen, die diese grammatikalische Form nicht zur Verfügung haben, drücken es anders aus: „Es schneit“ oder „Es begab sich“. Wenn wir von der „Passion“ oder „Leidenschaft“ eines Menschen sprechen, dann klingen da auch aktive und passive Momente an: Höchste Aktivität, aber auch etwas das ich erleide, letztlich etwas, das mir geschieht.
Das Medium drückt ein besonderes Verhältnis zu Gott, zur Welt, zu meinen Mitmenschen und zu mir selbst aus jenseits der Alternativen von Subjekt und Objekt, von Aktiv und Passiv, von Täter und Opfer, von Handeln und Erleiden.
Haben wir nur diese Alternativen, sind wir natürlich bestrebt, handelnde Täter zu sein und nicht erleidende Opfer. Und so haben wir die Welt erobert, haben sie uns verfügbar („untertan“) gemacht. Aber auch die Spaltungen in den Gesellschaften und die unerbittlichen Kämpfe um Macht und Rechthaberei lassen sich von dieser Alternative von Aktiv und Passiv her verstehen.
Das Medium weist uns auf ein Drittes hin, in dem wir weder etwas tun noch etwas erleiden, weder Täter noch Opfer sind, sondern erfahren, dass da etwas geschieht. Dieses Dritte üben wir in der Meditation und auch im Focusing ein, es könnte aber auch im Alltag eine Grundhaltung jenseits aller Machtbeziehungen zwischen Menschen oder im Umgang der Natur sein.: Das „Eigentliche“ geschieht da wo ich ihm Raum gebe, es geschehen lasse.
