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Sein im Mutterschoß

„Barmherzigkeit“, das Schlüsselwort der Jahreslosung 2021. Von der Kirche wird jedes Jahr ein Bibelvers als Wegweisung ausgelost, in manchem Jahr erschließt er sich mir, in manchem nicht. Wie wird es diesmal sein? Ich versuche, mich dem Wort zu öffnen, mich einzulassen und merke, dass es keine richtige Resonanz hervorruft, in mir bleibt es stumm. Dieses Wort ist mir zu fremd und altertümlich. So schaue ich erstmal nach, was es vom Hebräischen her bedeutet, der alten Sprache der Bibel: “ Sein im Schoß/ Mutterschoß“, lese ich da. Ja, damit kann ich etwas anfangen.

Ich spüre dem Bild nach, im Mutterschoß Gottes sein, dort ausruhen dürfen – wie ein Kind, das sich auf dem Schoß seiner Eltern birgt, einfach so, weil es dort gerne ist, oder gerade auch, wenn alles zu viel wird, überfordernd ist oder schiefgelaufen ist; bis es wieder losläuft, um seine Welt weiter zu entdecken. Was für ein starkes und zartes Bild zugleich. Ich verweile dort innerlich noch etwas, kann ich mich so zärtlich und vorbehaltlos bei Gott aufgehoben fühlen?

Mir fällt ein Gedicht der Heiligen Birgitta von Schweden ein (katholische Nationalheilige Schwedens aus dem 14. Jhdt.):

Licht im Kloster Vadstena

Die Finsternis
der Erde
ist vertrieben
und alle Himmel sind erleuchtet
wie die Wärme
von der Sonne
ausgeht, so ist
Barmherzigkeit.

Ich nehme mir Zeit und verweile innerlich ein wenig bei den einzelnen Bestandteilen des Gedichtes und es stellt sich für mich folgendes ein:

< Barmherzigkeit schafft es, Finsternisse zu vertreiben, in mir und um mich herum. Diese sanfte, mütterliche Eigenschaft, die nicht aufrechnet, rechthaberisch ist, sondern von innen her versteht, schafft dies.

< Alle Himmel – d.h. doch: überall bei Gott zuhause ist es hell, auch in den entferntesten, unserm Verstehenkönnen entlegensten = „dunklen“ Winkeln bei Gott ist es hell, nicht zum Fürchten oder Misstrauen, sondern Hoffnung spendend. Verlässlich.

< Wärme – sie ist wohltuend, wohltemperiert, nicht anstrengende Hitze, ist wachstumsfördernd, löst Anspannung.

Ich spüre, das Wort „Barmherzigkeit“ hat mich mitgenommen in seinen weiten Bedeutungsraum, den es für mich haben kann und ich merke, mit ihm kann ich gut ins neue Jahr 2021 und dessen Ungewissheiten gehen.

Cordula Ruwe

Ein Kommentar

  1. Danke, liebe Cordula, so hast Du mir die Barmherzigkeit auch nahe und spürbar gemacht!

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